Weshalb uns Fehler nicht gut tun
Eigener Misserfolg wirkt sich grundsätzlich negativ auf unseren Geltungstrieb und auf unsere ganze Bedürfnisstruktur aus. Jeder Misserfolg wird sofort vom Geltungstrieb als Bedürfnisdefizit identifiziert.
Ergebnis? Der Selbstwert stürzt augenblicklich steil ab! Die Stärke der empfundenen negativen Gefühle ist dabei verlässlicher Indikator für die Stärke des erlebten Bedürfnisdefizits. Der Absturz ist umso tiefer, je schlimmer der Fehler in seinen Auswirkungen subjektiv von uns selbst eingeordnet wird. Denn Fehler können mit materiellen Folgen in Form von Mehrarbeit, Nacharbeit usw. einhergehen. Aber meist werden subjektiv die immateriellen Folgen des Fehlers in Form von erlebtem Kompetenzdefizit, verbunden mit Ansehens- und Gesichtsverlust bei anderen, als noch gravierender erlebt. Vom erreichten Tiefpunkt aus steigt das Selbstwertgefühl jedoch allmählich und mit Hilfe unterschiedlicher Techniken wieder an, um sich aber dennoch mehr oder weniger deutlich unter der alten Stärke, dem alten Stand neu einzuordnen.
Je häufiger und bedeutender jede Form von Misserfolg, also alle "eigene Fehler und eigenes Versagen", realisiert wird, umso tiefer sinkt das Selbstwertgefühl ab, umso nachhaltiger erleben wir das Gefühl, unglücklich zu sein. Und das kann ganz üble Folgen für das Streben nach Überleben mit sich bringen.
Unterschreitet das Selbstwertgefühl ein bestimmtes negatives Niveau nach unten, wird es problematisch. Wenn ein Mensch subjektiv empfindet, dass er wichtige materielle oder immaterielle Lebensziele / Menschen nicht (mehr) erreicht / verliert, über die er sein Glück, seine Bedeutung und Wichtigkeit definiert hat, oder von anderen, ihm sehr wichtigen Menschen, als nutz- und wertlos beurteilt wird oder in einem ausweglosen Konflikt steckt, da er sich von anderen Menschen, durch eigene Süchte (Drogen, Alkohol, Spielsucht), durch eine Krankheit oder Folgen eines Unfalles ausweglos dominiert fühlt, dann kann es so weit kommen, dass er subjektiv als Gewissheit verinnerlicht: Ich werde nie mehr glücklich sein!
Hat er keine Hoffnung (mehr) auf eine nachhaltige positive Veränderung dieses Zustandes, bleibt ihm also der Glaube an eine mögliche positive Lebensvision verloren, verspürt er subjektiv die Gewissheit, nie mehr glücklich sein zu können, da er sich als völlig unnütz, unwichtig, unfähig oder wertlos empfindet (vergl. Comer 1995), kann er von existenziellen Zweifeln befallen werden, die letztendlich in Fragen münden wie:
Welchen Sinn (Nutzen) kann ich nun (noch) im Leben finden?
Wenn es aber kein Glück mehr für mich gibt: Weshalb sollte ich leben?
Da auf diese Fragen unter den geschilderten Umständen keine sinnvollen Antworten zu finden sind, kann Selbstvernichtung eine logische Folge sein: Ein unwirksam gewordener Geltungstrieb ist für den Effizienztrieb das Signal, den Lebenstrieb abzuschalten! Dann gehen Menschen freiwillig aus dem Leben. Der Nutzen der Selbsttötung liegt für sie subjektiv darin, weitere schwerwiegende dauerhafte Bedürfnisdefizite und den daraus folgenden permanent empfundenen Zustand des "Unglücklichseins" zu beenden.
Aber in der Natur hat sich das Leben erhalten, weil es für die Individuen Möglichkeiten gibt, der Realität zu entkommen; zumindest manchmal oder zeitweise. Lesen Sie mehr zu den Auswirkungen der Realitätsverschiebung bezüglich eigener Leistung