Gefühle, wie sie entstehen und was sie bezwecken
Wie erkennen wir, ob unser Zielsystem, unsere Bedürfnisstruktur, von außen positiv oder negativ angesprochen wird? An unseren Gefühlen!
Mit Ekman teilen wir die Meinung, dass Gefühle das Resultat evolutionärer Entwicklungsprozesse sind (Ekman 1973).
Und sie haben einen Zweck und einen evolutionären Sinn!
Sie sind die Indikatoren des Zustandes unserer momentanen Bedürfnisstruktur. Sie zeigen uns, in welche Richtung und in welchem Ausmaß unsere Bedürfnisstruktur jetzt beeinflusst wird, wie nah oder weit wir davon entfernt sind, glücklich zu sein, oder wie sehr wir unglücklich sind! Wir erleben diese Gefühle als Erregungszustände (z. B. Schachter & Sänger 1962), die uns zu einem Verhalten drängen wollen; alles ablehnen, was uns unglücklich macht, also ein Bedürfnisdefizit erzeugt, alles annehmen und genießen, was uns glücklich macht, also Bedürfnisbefriedigung erzeugt (vergl. Dawkins 1989, Locke & Latham 1990).
Zum Ausmaß des Erregungszustandes: Je stärker die Bedürfnisbefriedigung, umso heftiger erleben wir Glücksgefühle; je stärker die Bedürfnisdefizite, umso unglücklicher sind wir. Sympathie entwickeln wir nur für Umweltsituationen, die unsere eigenen Bedürfnisse befriedigen! Sympathie für eine Sache, einen Menschen, löst spontan eine Motivation aus, sich den Dingen, den Menschen zuzuwenden. Umweltsituationen, die Defizite in unserer Bedürfnisstruktur aufreißen, sind uns unsympathisch. Sie lösen spontan eine Motivation aus, sich diesen Dingen zu entziehen. Die Dinge, die weder das eine noch das andere tun, sind uns weder sympathisch noch unsympathisch. Sie sind uns egal und berühren unsere Motivation nicht. Da die Bedürfnisstruktur der Menschen zwar relativ homogen ist, die Mittel zur Bedürfnisbefriedigung jedoch sehr individuell sind, reagieren wir auch sehr individuell. Wir haben ja oben schon gesagt, dass die Dinge neutral sind, wir ihnen aber einen Sinn geben.
Sie sind an einem Samstag in einem Fußballstadion. Alle Menschen im Stadion haben das gleiche Bedürfnis, siegreich zu sein. Die Jungs unten sind nämlich unsere Stellvertreter. Aber nicht alle, sondern nur die Hälfte. Das haben wir für uns so festgelegt. Damit macht das Spiel für uns einen Sinn. Nun fällt ein Tor. Augenblicklich erleben Sie folgendes Phänomen: Obwohl es die gleiche Situation ist, die von allen wahrgenommen wird, fällt die eine Hälfte des Stadions in kollektives Entsetzen, die andere Hälfte in kollektives Entzücken. Wer reagiert wie? Siegreich für uns sein können nur die eigenen Stellvertreter, also die Mannschaft, deren Anhänger wir sind. Die Siege der anderen können in unserer Bedürfnisstruktur nichts Positives auslösen. Die Anhänger der Mannschaft, die das Tor kassiert hat, empfinden daher ein Bedürfnisdefizit; sie sind unglücklich, entsetzt, sie wollten siegen, fühlen sich aber als Verlierer. Die Anhänger der Mannschaft, die das Tor geschossen hat, erleben eine Bedürfnisbefriedigung; sie wollten auch siegen, und sie haben gesiegt. Daher sind sie glücklich und jubeln.
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