Das Maximalprinzip im Arbeitsleben
Aus dem, was wir zum Effizienztrieb gesagt haben, wissen wir nun: Selbst aktiv sein heißt Energie gegen eigenen Nutzen (als Energieäquivalent) zu tauschen. Daraus ergibt sich, dass auch das Arbeitsverhältnis als Tauschverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu begreifen ist (vgl. Adams 1965, Thibaut & Kelley 1959, Walster et al. 1978). Beide setzen Energie ein, da sie erwarten, vom jeweils anderen den für diesen Energieaufwand adäquaten Nutzen (Skinner 1953, Homans 1958) zurück zu erhalten. Der optimale Nutzen liegt dann vor, wenn Arbeit und Arbeitsbedingungen als Teil des eigenen Lebensglücks empfunden werden.
Arbeitnehmer geben ihre soweit als notwendig erachtete Arbeitskraft, ihre Fähigkeiten und Ideen als Arbeitsleistung und erwarten von ihrem Arbeitgeber als Gegenleistung maximale Befriedigung unterschiedlicher Bedürfnisse. Zu diesen Bedürfnissen zählen unter anderem ein maximales finanzielles Äquivalent wozu gehört, auf keinen Fall geringer bezahlt zu werden als vergleichbare Kollegen im eigenen Unternehmen oder in fremden Betrieben (vgl. Adams 1965), eine Arbeit, die Freude bereitet, sowie optimale Arbeitsbedingungen, persönliche Achtung, Anerkennung und Respekt (siehe Herzberg 1959)!
Arbeitgeber investieren Vermögen in Gebäude, Maschinen, Ausbildung, Entgelt, Sozialleistungen, Dienstwagen etc. und erwarten von den Arbeitnehmern als Gegenleistung dauerhaft die Befriedigung ihrer unterschiedlichen Bedürfnisse. Dazu zählen unter anderem ein dauerhaft hoher Arbeitseinsatz, dauerhaft sehr hohe Qualität, in besonders kritischen Situationen auch Mitdenken, sowie Loyalität. Zusätzlich erwarten sie ohne Gegenleistung Achtung, Anerkennung und Respekt!
So könnte man also glauben, dass beide Seiten ihre Seite einer gemeinsamen Waage so anfüllen, dass sich völlig selbstverständlich ein Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen einstellt und daher Bürfnisbefriedigung für beide Seiten eintritt, sodass Arbeitsfriede herrscht. Aber wie ist die Realität?
Die ist problematisch. Bei der Betrachtung des Effizienztriebs haben wir gesehen, dass grundsätzlich das Maximalprinzip gilt: Für einen bestimmten Aufwand - also die Leistung, die ich erbringe - will ich einen maximalen eigenen Nutzen erreichen. Nur das ist für mich selbsteffizient.
Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer streben daher grundsätzlich nach eigener Nutzenmaximierung. Jeder möchte für seinen Einsatz den maximalen persönlichen Nutzen von der Gegenseite! Und es gilt, was wir oben zum Geltungstrieb gesagt haben: Wir verschieben gerne die Realität zu unseren Gunsten. Je stärker das eigene Selbstwertgefühl über den Wolken schwebt, umso mehr wird der eigene Energieeinsatz im Arbeitsleben überschätzt und die Gegenleistung des andern unterschätzt. Aus dieser Einstellung heraus reklamieren beide Seiten jeweils den maximalen Anteil aus der gemeinsam erbrachten Wertschöpfung für sich selbst: Arbeitgeber halten eher geringe, Arbeitnehmer eher hohe Löhne für gerechtfertigt (vergl. Walster et al. 1978).
Und niemals gibt es ein Zurück. Wenn ein Vorgesetzter einem Mitarbeiter anbietet, ihm den Lohn um 10% zu kürzen, wird das ohne Ärger von seiten des Mitarbeiters abgehen?Besitzstandswahrung ist angesagt, gleich wie es um das Unternehmen steht. Wenn er ihm jedoch anbietet, den Lohn um 100% zu erhöhen, wird der Mitarbeiter das ablehnen?
Aus Sicht der Arbeitnehmer leiden Arbeitsverhältnisse daher häufig unter einem großen Manko: Weder die Arbeit an sich noch das Entgelt oder die Arbeitsbedingungen einschließlich des Verhaltens der Vorgestzten sind so, dass sie ihr Arbeitsleben als Teil umfassender Bedürfnisbefriedigung, oder gar Teil ihres Lebensglücks erfahren können. Wenn jedoch der Glaube fehlt, dass Arbeit insgesamt ein Teil des Lebensglücks sein kann, wird die Leistung abgesenkt, oder die Bewertung des Tauschverhältnisses reduziert sich auf die Lohngerechtigkeit(vgl. Homans 1958 Adams 1965,Thibaut & Kelley 1959).
Um das zu verhindern haben wir für Führungskräfte folgende Anregung:
Fragen Sie sich nicht, wie Sie "Ihre" Mitarbeiter motivieren können, sondern fragen Sie sich, wie Sie Arbeit und Arbeitsbedingungen gestalten müssen, damit die Menschen in Ihrem Unternehmen Arbeit als Teil ihres Lebensglücks empfinden können.
Lesen Sie mehr dazu wie der Effizienztrieb unsere Motivation beeinflusst