Realitätsverschiebung bei eigenen Fehlern!
Eigene Fehler, wenn wir sie überhaupt zugeben, beurteilen wir jedoch milder in ihren Auswirkungen, als sie wirklich sind. Das Selbstwertgefühl will nur eine Richtung kennen: nach oben hin zu Superman1! Dies dient dazu, uns die Wirklichkeit so zurechtzubiegen, dass das Selbstwertgefühl in einem positiven Zustand gehalten wird (Stahlberg, Osnabrügge & Frey 1985) um keine psychosozialen Beeinträchtigungen mit depressiven Tendenzen bis hin zur Selbsttötung aufkommen zu lassen (Alloy & Abramson 1979; Baumeister 1993).
Fehler dürfen also nicht sein. Erkennen wir, dass uns ein Fehler unterlaufen ist, den andere auch noch bemerkt haben, folgt unser Verhalten einem bestimmten Ablauf. Erkennen wir, dass wir falsch gehandelt haben, dass es sinnvollere Alternativen zu unseren bisherigen Ansichten, zu unserem bisherigen Handeln, zu bisherigen Zielen gab, und realisieren wir subjektiv die negativen Auswirkungen des Fehlers auf die eigene Bedürfnisstruktur, kann das je nach Stärke des Fehlers fast einen Schock auslösen.
Wir erleben nun Ärger, Panik, Wut, Zorn, Hilflosigkeit, je nachdem, wie heftig die Auswirkungen des Fehlers subjektiv erlebt werden und wie "schuldig" wir uns fühlen! Die Reaktion erfolgt umso heftiger, je größer die eigenen Bedürfnisdefizite sind, die erlebt werden. Eine Weile, die durchaus länger anhalten kann, sind wir, auch in Abhängigkeit von der subjektiven Wichtigkeit der Angelegenheit, kaum zu geordneten Lösungen fähig. Eine Art momentaner Betäubung kann lähmend wirken.
Irgendwann ist diese passive Phase vorbei (vergl. Staw 1997). Es erfolgt nun mit dem Hochschalten in den Aktivmodus eine starke Eigenaktivierung. Wir checken ab, welche Handlungsalternativen zur Verfügung stehen, um unseren Geltungstrieb wieder in den positiven Bereich zu bringen. Diese Versuche sind umso heftiger, aber meist auch hektischer, je stärker materielle oder immaterielle Verluste, insbesondere Gesichtsverlust, vermutet werden.
Es erfolgt nun eine angestrengte Suche nach Wegen, Möglichkeiten und Argumenten, die es erlauben, den bisherigen Weg zu rechtfertigen. Ethik und Moral, als nur angelernte Verhaltensweisen, können völlig erlöschen! Das Naturprogramm setzt sich durch. Zur eigenen Rechtfertigung werden alle möglichen Mittel zu Hilfe genommen. Vertuschen, Lügen, Weglassen von Fakten, Bestechung, Drohungen: Alles, was sich anbietet, wird genutzt, um die drohende Gefahr, "versagt" zu haben, zu meistern.
Lernen Sie die Strategien zur Erhaltung des Selbstwertes kennen, die unser Verhalten dominieren